Die Geschichte vergangener Tage
Bereits um 5 hat uns der Wecker daran erinnert, dass die Nacht nun vorbei ist und wir uns sputen müssen, damit wir ausreichend Licht und Zeit für unser Vorhaben bekommen.
Nach knapp 3,5 Stunden auf bulgarischen Autobahnen landen wir mitten im nirgendwo. Eine kleine Straße biegt rechts ab und es geht auf abenteuerlichen Pfaden immer höher mitten ins Balkangebirge. War es im Tal noch einigermaßen freundlich, wird es mit jedem Meter, den die Straße an Höhe gewinnt deutlich ungemütlicher. Unser Ziel der Berg Chadschi Dimitar (bulgarisch връх Хаджи Димитър). Gehofft hatten wir auf Sonne und evtl. ein paar kleine weiße Wölkchen. Doch mittlerweile wurde uns klar das wir froh sein können, wenn wir überhaupt etwas sehen.
Ein bisschen trübt dieser Umstand die Fahrt auf den letzten Höhenmetern.Wir haben extra die Phantom eingepackt, um wieder ein paar Aerial Shots zu machen. Doch mittlerweile kann man keine 5 Meter weit sehen ,da sich die Bergstraße Richtung Gipfel mitten in den Regenwolken befindet.
Den knapp 1441 m hohen Gipfel, welcher im zentralen Teil des Balkangebirges liegt können wir aktuell nicht einmal erahnen!
Facts: Bis zum Jahr 1942 trug der Gipfel des Berges Chadschi Dimitar (bulgarisch връх Хаджи Димитър) den Name Busludscha (bulg. Бузлуджа). Auch heute noch wird er im Volksmund so genannt. Der Gipfel befindet sich im zentralen Teil des Balkangebirges, ca 13 km nördlich der kleinen Stadt Kasanlak.
Als wir dann das Ende der Route erreichen und aus dem Auto steigen, sehen wir nichts außer reinem Grau. Auch gibt es kaum Geräusche, die an unser Ohr dringen. Die Wand aus Wolken ist so Sicht, dass wir mühe haben mehr als 3 Meter zu sehen. Entmutigen lassen wir uns trotzdem nicht. Das Equipment wird geschultert und wir machen uns mithilfe von Google Maps auf den Weg.Als wir die Stufen die zum Monument führen vor uns erahnen können sind wir bereits von der Stimmung und der Szenerie vollkommen gefangen. Unheimlich ist dieser Ort. Der Nebel schottet uns vollkommen ab. Wir sehen kaum etwas und auch die Geräusche um uns herum sind so stark gedämpft, dass man sich absolut isoliert vorkommt.
Plötzlich taucht vor uns schemenhaft ein riesiger schwarzer Schatten auf. Endlich angekommen. Das Denkmal Buzludzha ragt vor uns wie ein schwarzes UFO empor. Langsam und spärlich im Umgang mit Worten umrunden wir den Komplex und suchen den doch recht versteckten Eingang.
An einer rechten Seitenwand ist der Verschlag eines alten Fensters aufgebogen. Gerade genug Platz um eine Peron durchzulassen. Vorsichtig schieben wir erst und uns anschließend auch unsere Ausrüstung durch die schmale Lücke. Im Inneren aktivieren wir die Stirnlampen, weil es dank des Wetters sehr dunkel und Nass ist. Wir steigen langsam das Treppenhaus in dem wir uns befinden hinab und stehen kurz darauf in der großen Halle.
Facts: Das Denkmal Buzludzha wurde 1981 zur 1300-Jahr-Feier der bulgarischen Staatsgründung eingeweiht. Der Architekt Georgi Stoilowhatte das, zu Ehren der sozialistischen Bewegung Bulgariens errichtete, Bauwerk geplant. Es wurde an der Stelle errichtet, an der 1868 bulgarische Rebellen gegen türkischen Besatzer kämpften und viele Menschen Ihr Leben liesen. Auch wurde 1981 an diesem Ort die sozialdemokratische Arbeiterpartei Bulgariens gegründet.
Es ist erst 10 Uhr morgens und wir befinden uns Mutterseelen allein in dem geisterhaft anmutenden Bau. Der Nebel, welcher durch das kaputte Dach zieht und sich im inneren der Halle sammelt, erschafft eine eigenartig gespenstische Atmosphäre. Im großen Auditorium beginnend, teilen wir uns auf und fangen an das verlassene Gebäude zu erkunden und zaghaft die ersten Fotos zu knipsen. Wie Gewehrschüsse hallt das klickenunserer Auslöser von den Wänden wieder und zerschneidet die sonst absolute Stille, welche uns umgibt.
Fast zwei Stunden vergehen so wie im Flug. Jeder nimmt auf seine Art die Stimmung dieser Ruine auf und versucht die Atmosphäre auf ein Bild zu bannen.
Besonders anspruchsvoll ist natürlich im Nebel zu fotografieren. Durch den Dunst, der immer vor der Linse wabert, lassen sich nur recht schwer knackige Kontraste einfangen. Auch wirken die Bilder oft recht dunstig und unscharf. Wegen der nicht so brillanten Lichtverhältnisse hat man dann noch das Problem, das man sehr schnell ein Rauschen auf den Bildern erkennt. Zum Glück lässt sich das im Nachgang mit Lightroom undPhotoshop einigermaßen gut ausgleichen.
Nach den ersten zwei Stunden in vollkommener Einsamkeit kamen dann auch noch weitere Besucher die den Charme dieses langsamverottenden Monuments suchten. Für uns war das der Moment das Hauptgebäude zu verlassen und eine Expedition in die Kellerräume und den 107 m hohen Turm zu wagen.
Ein bulgarischer Besucher erzählte uns, dass zu den Glanzzeiten des Sozialismus im Turm eine Lampe gebrannt hat und man bei guter Sicht das Licht des Buzludzha Monument, fast 3000 km, bis an die Donau sehen konnte.
Einst muss das Monument ein prächtiges Bauwerk gewesen sein. Doch heute ist es schutzlos der Witterung und dem Verfall ausgesetzt. Zusammen mit dem offensichtlichen Vandalismus nagen die Naturgewalten ziemlich stark an der Bausubstanz des Gebäudes. Im Inneren sind viele der Mosaikwände bereits so mitgenommen, das man die ursprünglichen Bilder nur noch erahnen kann. Vor allem in den Wandbildern der alten Helden fehlen immer mehr Mosaiksteinchen.
Und gerade als wir uns auf den Rückweg machen, wollten um noch bei Tageslicht wieder in Sofia einzutreffen riss der Himmel für einen kurzen Moment auf. Unsere Chance für ein Paar Luftaufnahmen dieses spektakulären Bauwerks.